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Nach der Finanzkrise 2008, die durch den Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers verursacht worden ist, sorgt die Insolvenz der Silicon Valley Bank (SVB) nun für Nervosität.
Nachdem die Zinsen eine längere Zeit dauerhaft niedrig gewesen sind, haben mehrere Faktoren wie u.a. die durch den Ukraine-Russland-Krieg ausgelöste Energiekrise eine rasche Zinswende geführt. Neben höheren Kreditkosten für Start-ups haben die höheren Zinssätze zu sinkenden Preisen für bestehende Anleihen im Portfolio der SVB geführt.
Obwohl Fluktuationen für Banken generell nicht beunruhigend sind, solange diese die Anlagen bis zu ihrer Fälligkeit halten können, so haben sich einige Banken – wie auch die SVB – während der Zeit der niedrigen Zinssätze zum Kauf von Anleihen mit längerer Laufzeit entschieden. Als Anleger vom Bilanzproblem, das durch die abrupte Zinserhöhung resultiert ist, erfahren haben, ist die SVB gezwungen gewesen, ca. 21 Milliarden Dollar an längerfristigen US-Staatsanleihen und hypothekarisch gesicherten Wertpapieren mit Verlusten zu verkaufen, um den Rückforderungen nachzukommen.
Europäischer Finanzmarkt
Dennoch kann die momentane Situation nicht mit jener im Jahr 2008 gleichgesetzt werden.
Während Lehman sektorenübergreifend auch international vernetzt gewesen ist, ist die SVB auf den Start-up- und Tech-Sektor (insbesondere in Silicon Valley) spezialisiert. Das gegenwärtige Problem betrifft also nicht den gesamten Bankensektor, sondern einige amerikanische Banken. Es handelt sich nicht um ein Interbankensystem wie im Jahr 2008 und die verkauften Vermögenswerte sind von der US-Regierung ausgegebene oder besicherte Wertpapiere, wodurch es zu keiner systematischen Liquiditätsverknappung kommt.
Trotz der angespannten Situation und spürbarer Auswirkungen auf den europäischen Finanzmarkt sehen Expertinnen und Experten dennoch keine Gefahr der Finanzstabilität in Europa. Einerseits, da es keine bedeutenden internationalen Vernetzungen der SVB mit europäischen Banken gibt und andererseits, weil Europa über strengere Regulierungen als die USA verfügt.
Welche Maßnahmen gibt es europaweit, die einen gewissen Schutz vor einer Situation wie dieser bieten?
Durch die Finanzkrise 2008 ausgelöst, gilt nun seit 2018 die Finanzmarktrichtlinie MiFID II, welche u.a. die Harmonisierung der Finanzmärkte im europäischen Binnenmarkt und eine Stärkung des Anlegerschutzes zum Ziel hat.
Durch das LEI-System, das ebenfalls in Folge der Finanzkrise vom Financial Stability Board (FSB) entwickelt worden ist, können am Finanzmarkt teilnehmende Unternehmen identifiziert und Netzwerke transparenter gestaltet werden.
Die Registrierung eines LEIs (Legal Entity Identifiers), bei welchem es sich um einen einzigartigen 20-stelligen alphanumerischen Code handelt, ist für jegliche Transaktionen am europäischen Finanzmarkt gesetzlich vorgeschrieben.
Die GLEIF (Global Entity Identifier Foundation), die vom FSB mit der Einrichtung und Umsetzung des LEI-Systems betraut und vom LEI ROC (Legal Entity Identifier Regulatory Oversight Commitee) überwacht wird, autorisiert offizielle LEI-Vergabestellen, welche jegliche relevante Daten der LEI-Inhabenden jährlich prüfen, sodass Referenzdaten immer auf aktuellem Stand gehalten werden.
So ist beispielsweise hier einsehbar, welche Verknüpfungen mit der SVB bestehen. Im Vergleich dazu sind Verflechtungen multipler Gesellschaften im Fall von Lehman Brothers nur schwer bis gar nicht nachvollziehbar gewesen.
Während also noch nicht mit Sicherheit alle möglichen Auswirkungen der momentanen Situation bekannt sind, so ist doch eindeutig, dass das LEI-System einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung einer solchen Situation bzw. einer Finanzkrise wie 2008 in Europa leistet.
Quellen:
Silicon Valley Bank: Böse Erinnerungen an Lehman Brothers werden wach – nrz.de
Nach US-Bankenpleite: EZB & Co. ohne Sorge vor neuer Finanzkrise – news.ORF.at
„Bankensystem sicher“: Biden nach Pleiten für strengere Regeln – news.ORF.at
Is SVB the Next ”Lehman Moment”? (corporatefinanceinstitute.com)
Foto: Carlos Muza / Unsplash